Alles Gute Deutschland – Ein Protokoll

Am 7.11.2015, organisierte die Partei “Alternative für Deutschland” einen Aufmarsch in Berlin um gegen die Asylpolitik der deutschen Regierung zu protestieren. Unter dem Titel “Asyl braucht Grenzen – Rote Karte für Merkel” demonstrierten circa 3000 Menschen und zogen durch Berlin und skandierten rechtskonservative Parolen. Nachfolgend meine Fotostrecke zu diesem Tag, sowie ein Protokoll, das die herrschenden Arbeitsbedingungen und Stimmung beschreibt.


Gleich zu Beginn des Aufmarschs werde ich von einem Ordner der Partei mit den Worten “Na, Taliban?” begrüßt. Während des polizeilich gesicherten Demozugs mitten durch Berlin, wurde ich von Demonstrierenden in Ausübung meiner Arbeit mehrfach bedrängt, behindert und beleidigt. Sätze in autoritärem Ton wie “Sie gehören nicht hier hin, ziehen Sie weiter.” oder “Er hat keinen Presseausweis! Er darf nicht fotografieren!” häuften sich. Ganz zu schweigen von vereinzelten Verleumdungen und Unterstellungen in Richtung “Hast Du meine Tochter fotografiert? Das hast Du, oder? – weil sie blond ist?”.

Was aber passierte, als die Führungsriege der “Alternative für Deutschland” die Abschlusskundgebung hinter dem Berliner Hauptbahnhof mit Ankündigung des Singens der deutschen Nationalhymne beendete, war für mich eine neue Stufe der Gewaltausübung seitens rechtskonservativer Demonstrierende gegen die Presse.

Während ich Demonstrant*innen beim Singen der Nationalhymne fotografieren möchte, verlangt ein älterer Herr von mir – befiehlt mir fast – meine Mütze abzunehmen und mit Hand auf Brust mitzusingen. Als ich darauf nicht eingehe und versuche zu fotografieren, wird er wütend und bedrängt mich mit seiner mitgebrachten Sachsenfahne. Ein weiterer Mann kommt auf mich zu, nimmt meinen Arm und versucht mich nach außen zu schieben. Als ich versuche weiter zu fotografieren, springt noch ein weiterer jüngerer Mann auf mich zu und versucht mit den Worten “Kamera weg!” sowohl mir als auch meiner Kamera Schaden zuzufügen. Was dann passiert ist, konnte ich nicht mehr sehen – glücklicherweise sind relativ schnell Kolleg*innen eingeschritten und auch zwei Polizisten haben mich weggezogen. Ein Teil dieser Szene ist im eingebundendem Kurzvideo zu sehen.

Die Polizisten waren aber nicht interessiert den Angreifer zu suchen, und haben mich erst festgehalten. Innerhalb von einer Minute kam der Pressesprecher der AfD, reichte mir die Hand, stellte sich vor und sagte: “Ich möchte mich im Namen der Partei bei Ihnen entschuldigen”. Als ich nach der Veranstaltung auf ihn zugehe, er sich wieder entschuldigt und ich meine sie müssten eigentlich diese Thematik aufgreifen, sagt er zu mir: “Das passiert halt. Was soll man machen halt? Ne? – Alles Gute Ihnen.”.

In diesem Sinne, Alles Gute Deutschland!

Berlin, 9. November 2015
Kaveh Rostamkhani